Versorgungssituation von Betroffenen mit seltenen Krankheiten würde sich mit der Revision der Einzelfallvergütung massiv verschlechtern
Bern, 30. September 2022.
Die vorgeschlagene Revision der Einzelfallvergütung geht an der Realität der Patientinnen und Patienten mit seltenen Krankheiten völlig vorbei. Die IG Seltene Krankheiten lehnt daher die vorgesehenen Verordnungsänderungen über die Krankenversicherung (KVV) und über die Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) in Bezug auf Art. 71a-d KVV und Art. 38a-e KLV ab.
Die IG Seltenen Krankheiten (IGSK) hat an der Vernehmlassung über die Verordnungsänderungen über die Krankenversicherung (KVV) und über die Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) teilgenommen. Dabei haben wir uns auf den Bereich der Einzelfallvergütung konzentriert, der für Patientinnen und Patienten mit seltenen Krankheiten besonders relevant ist.
Die IGSK befürchtet, dass sich mit der vorgeschlagenen Verordnungsänderung der Zugang für Patientinnen und Patienten mit seltenen Krankheiten zu Therapien direkt oder indirekt verschlechtert, d.h.
- dass die Betroffenen Therapien, die sie heute erhalten, künftig nicht mehr erhalten würden;
- dass sich der Zugang zu existierenden Therapien jahrelang verzögern würde und
- dass die Betroffenen keinen Zugang mehr zu neuen innovativen Therapien erhalten würden.
Damit wird das Ziel der Revision, nämlich eine Erhöhung der Gleichbehandlung der Versicherten, nicht erreicht. Ein zentrales Grundproblem wird nicht gelöst: die Einzelfälle sollen weiterhin nicht von unabhängigen Fachexperten beurteilt werden. Darüber hinaus widerspricht die Revision auch dem Nationalen Konzept Seltene Krankheiten (NKSK) und den Fortschritten, die für die Betroffenen von seltenen Krankheiten in den letzten Jahren erzielt wurden.
Co-Präsident und Ständerat Matthias Michel bedauert: «Bei der vorliegenden Revision der Einzelfallvergütung würden die Betroffenen mit seltenen Krankheiten durch die Maschen fallen. Die Revision hat sogar das Potential die aktuelle Situation der Betroffenen massiv zu verschlechtern.»
«Hochproblematisch sind für die IG Seltene Krankheiten die vorgeschlagenen standardisierten Massnahmen, mit denen der Nutzen von Therapien im Bereich seltener Krankheiten eruiert werden soll.» betont Co-Präsidentin und Nationalrätin Yvonne Feri und meint: «Das Ziel einer gleichberechtigten medizinischen Versorgung von Betroffenen mit seltenen Krankheiten darf durch das Ziel, Kosten zu sparen, nicht weniger stark gewichtet werden.»
Die IGSK ist dem Postulat 10.4055, der Basis des Nationalen Konzepts Seltene Krankheiten, verpflichtet. Dieses fordert eine bessere Versorgung der Betroffenen von seltenen Krankheiten. Die sehr vielversprechenden Massnahmen im Konzept können jedoch nur mit einer langfristigen Finanzierung umgesetzt werden. Die vom Parlament angenommene Motion 21.3978 «Für eine nachhaltige Finanzierung von Public Health-Projekten des nationalen Konzepts seltene Krankheiten» soll nun die nötigen gesetzlichen Grundlagen für diese Finanzierung schaffen. Darüber hinaus unterstützt die IGSK die Finanzierung von Patientenorganisationen, wie sie in der Motion 22.3379 «Stärkung und Finanzierung der Patientenorganisationen im Bereich seltener Krankheiten» gefordert wird, die der Nationalrat bereits mit grosser Mehrheit angenommen hat.
Für weitere Informationen:
Geschäftsstelle IG Seltene Krankheiten
Petra Wessalowski
+41 79 694 89 34
E-Mail: info@ig-seltene-krankheiten.ch