Aktuelle Vorstösse
14.3180 Interpellation Humbel Ruth:
Artikel 71a/b KVV. Schwerwiegende Auswirkungen für Patientinnen und Patienten
Eingereichter Text
In der Mitteilung vom 28. Februar 2014 zu den Ergebnissen der in Auftrag gegebenen Evaluation meint das BAG, dass die Einführung der Artikel 71a/b KVV Verbesserungen ergeben hätten. Tatsächlich ist dies aber keineswegs der Fall, wie das folgende Beispiel zeigt: Ein Onkologe des Kantonsspitals Aarau kam auf Grund seiner Diagnose und klinischer Daten zum Schluss, einen Patienten mit einem in der SL aufgenommenen Krebsmedikament zu therapieren, in Kombination mit einem Chemotherapeutikum, das ebenfalls auf der SL figuriert. Die Kombination beider Präparate entspricht jedoch nicht den SL-Limitationen, weshalb die Therapievergütung gemäss Artikel 71a/b KVV zu erfolgen hat. Nach einem wochenlangen Schriftwechsel entschied eine Krankenkasse, die medikamentöse Therapie nur zur Hälfte zu vergüten. Und dies, obschon die gewählte Kombination beim Patienten Nutzen zeigt und kostengünstiger ist als eine kassenpflichtige Kombination oder eine stationäre Behandlung. Die Folge: Die Differenz der Medikamentenkosten musste – um den Patienten mit seiner lebensbedrohenden Krebserkrankung in fortgeschrittenem Stadium nicht noch zusätzlich zu belasten – das Kantonsspital Aarau übernehmen. Ein anderer Krankenversicherer war gleichzeitig mit einer identischen Kombinationsvergütung konfrontiert und entschied innert zwei Tagen, die Kosten vollumfänglich zu übernehmen. Das BAG, das mit diesem Fall konfrontiert worden ist, bestätigte, dass die Krankenversicherer Vergütungen nach Artikel 71a/b KVV frei entscheiden können und verwies den Patienten auf den Rechtsweg! Dieses Beispiel zeigt, dass Kontraindikationen von Kombinations-Medikamenten und Dosierungsänderungen auf Grund der Verträglichkeit dazu führen können, dass ein Medikament nicht mehr gemäss SL, sondern nach Artikel 71a/b KVV zu vergüten ist. Und da sind die Versicherer frei, die Vergütung festzusetzen. Deshalb ersuche ich den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Wie beurteilt er die Situation, dass bei einer teilweisen oder ganzen Vergütungsverweigerung der Patient auf den Rechtsweg verwiesen wird um eine für ihn wirksame Therapie zu erstreiten?
2. Ist er bereit, eine Meldestelle einzurichten – im BAG intern oder extern – wo Betroffene (Patienten, Patientenorganisationen, Ärzte, Spitäler, Pharma) Fälle zu Artikel 71a/b KVV gemeldet werden können?